NK02 Dragoner “kjell”
GPS Position: N 57.968070 E 7.523620
Typ: Wrack
Technische Daten:
Technische Daten:
Verdrängung: 92 t Standard
Länge: 41,10 m
Breite: 4,50 m
Tiefgang: 2,50 m
Maschinenanlage: eine Dreizylinder-Dreifachexpansionsmaschine mit 1000 PS, zwei Wasserrohr-kessel 16 atü
Geschwindigkeit: 20 kn
Kohlenvorrat: 16 t
Besatzung: 25
Bewaffnung: eine Schnellfeuerkanone 7,6 cm, eine Revolverkanone 3,7 cm, ein Maschinengewehr, ein Torpedorohr 45,7 cm im Bug (als KT 1)
Wracklage: Seilbaren, östlich von Ryvingen
Küstentorpedoboot der deutschen Kriegsmarine
Obwohl die KNM “Kjell” zum Zeitpunkt ihrer Versenkung nicht mehr unter norwegischer Flagge fuhr und unter der deutschen Kriegsmarine als “Dragoner” fuhr, ist ihr Wrack aufgrund der großen Bedeutung für die norwegische Geschichte bis heute unter ihrem ursprünglichen Namen bekannt. Die “Kjell” war ursprünglich ein norwegisches Torpedoboot der Klasse II der Königlich Norwegischen Marine (KNM). Es entstand nach einem Marineentwurf von 1905 und wurde von 1911 bis 1913 unter der Baunummer 106 auf der Marinens Hovedverft in Horten gebaut. Der Stapellauf erfolgte am 12. März 1912 als KNM “Kjell”. KNM “Kjell” war mit einer mit 1800 PS angegebenen Dreizylinder-Dreifachexpansionsmaschine ausgerüstet. Die Konstruktionsgeschwindigkeit wird mit 25 kn angegeben. Sie war anfangs mit zwei Torpedorohren 45,7 cm als Hauptbewaffnung ausgerüstet. Eines war fest im Bug nach vorn gerichtet eingebaut, das zweite auf einer Drehlafette an Deck. Als Sekundärbewaffnung trug sie zwei Dreipfünder-Kanonen Kaliber 4,7 cm. Die Besatzung belief sich auf 18 Mann. Im Verlauf erhielt sie eine neue Dampfmaschine mit nur noch 1000 PS.
Bekannt wurde die KNM “Kjell” noch vor dem Beginn der Operation Weserübung und dem damit verbundenen Kriegsbeginn in Norwegen durch ihre Verwicklung in den berüchtigten “Altmark”-Zwischenfall im Jøssingfjord bei Stavanger. Die “Altmark” war ein 1937 im Auftrag der deutschen Kriegsmarine vom Stapel gelaufener schneller Tanker, der vom 1. September 1939 an dem Panzer-schiff “Admiral Graf Spee” bis zu dessen Selbstversenkung am 17. Dezember 1939 vor Montevideo als Trossschiff gedient hatte. In diesem Zeitraum hatte die “Admiral Graf Spee” im Südatlantik einen Kaperkrieg gegen die alliierte Handelsschifffahrt geführt. Gefangengenommene Seeleute der gekaperten oder versenkten Schiffe wurden auf die “Altmark” gebracht. Als die “Altmark” ihre Rückkehr nach Deutschland antrat, waren 299 Gefangene in improvisierten Unterkünften unter-gebracht, von denen viele Briten waren. Am 16. Februar 1940 wurde sie letztlich von einem britischen Zerstörerverband unter der Führung von HMS “Cossack” aufgespürt. Die “Altmark” zog sich in den Jøssingfjord zurück. Die KNM “Kjell” unter dem Kommando des damals 29jährigen Leutnant Finn Halvorsen spielte dabei gemeinsam mit ihrem Schwesterschiff KNM “Skarv” eine entscheidende Rolle im Bemühen um die Wahrung der norwegischen Neutralität. Halvorsen protestierte mehrfach gegen das Eindringen britischer Flottenverbände in norwegische Gewässer und die damit verbundene Verletzung seiner Souveränität. Doch noch am selben Tag wurde die “Altmark” von einem Prisenkommando gestürmt und die 299 Gefangenen befreit. Diese in Großbritannien als Husarenstück gefeierte Kommandoaktion stellte dennoch eine Kriegshandlung innerhalb des Hoheitsgebiets eines neutralen Staates dar, die von norwegischer Seite unerwünscht war. Das nationalsozialistische Deutschland warf Norwegen daraufhin vor, unfähig zu sein, seine Neutralität zu wahren. Der “Altmark”-Zwischenfall wurde von deutscher Seite dann auch propagandistisch dazu instrumentalisiert, die eigenen Invasionspläne zu beschleunigen, um einer befürchteten Besetzung Norwegens durch Großbritannien zuvor zu kommen. Dies führte zur Besetzung Norwegens durch Deutschland im Rahmen der Operation Weserübung, die am 9. April 1940 begann.
Als am 9. April 1940 mit dem Unternehmen Weserübung die Besetzung des neutralen Norwegens durch Deutschland begann, war die KNM “Kjell” der 2. Torpedobootdivision unterstellt. Dem Einlaufen der Kampfgruppe IV der deutschen Kriegsmarine, angeführt von dem Kreuzer “Karlsruhe” in Kristiansand konnte sie an diesem Tag nichts entgegensetzen, da sie am frühen Morgen noch für Ausbesserungsarbeiten in der Høivold-Werft lag. Ihr Kommandant war Lt. F. G. Finson. KNM “Kjell” fiel noch am selben Tag in deutsche Hände, ohne in das Geschehen eingegriffen zu haben. Am 19. April 1940 wurde sie von der deutschen Kriegsmarine als Torpedoboot “Tiger” in Dienst gestellt. Schon am 23. April änderte man die Bezeichnung jedoch in “KT 1” (Küstentorpedoboot). Es erhielt die taktische Kennung NK 01 (für Norwegen, Kristiansand) der Hafenschutzflottille Kristiansand-Süd. Am 1. Oktober 1940 wurde sie in “Dragoner” umbenannt und erhielt die neue Kennung NK 02. Die Kennung NK 01 wurde von der “Grenadier” übernommen. Die beiden Torpedolafetten auf dem Deck wurden zu einem unbekannten Zeitpunkt entfernt. Das starre Bugtorpedorohr blieb jedoch. Die zwei alten Dreipfünder wichen einer Schnellfeuerkanone 7,6 cm auf dem Hinterschiff und einer Revolverkanone 3,7 cm. Hinzu kam ein Maschinengewehr.
Am 28. September 1944 wurde die “Dragoner” zwischen 17:20 Uhr und 17:29 Uhr bei Ryvingen nahe Kristiansand von sechs Mosquitos der No. 248 Sqn. des RAF Coastal Command angegriffen. Sie war dort auf einer Patrouille im Seegebiet vor Mandal, westlich von Kristiansand. Sie hatte den Auftrag, eine Seemine unschädlich zu machen. Bei den Angreifern handelte es sich um vier De Havilland Mosquito FB Mk VI und zwei Mk XVIII Tse-tse, einer Spezialversion, die jeweils mit einer 57 mm-Molins-Bordkanone bewaffnet waren. Sie waren auf einem Anti-U-Boot-Einsatz zwischen Lista und Kristiansand. Die sechs Maschinen gehörten zum Banff Strike Wing und wurden von Flt. Lt. L. Bacon angeführt. Die beiden Tse-tse waren die HX904/E der Flying Officers W. N. Cosman (RCAF) und L. M. Freedman sowie die MM425/L der Flying Officers W. G. Woodcock und Vacher. “Dragoner” wurde mit den beiden Molins-Kanonen und den 20 mm-Bordkanonen und MG unter Beschuss genommen. Auch 500 lb-Bomben und Wasserbomben wurden abgeworfen, letztere von einer FB Mk VI mit dem Rumpfcode K. Eine der Wasserbomben traf “Dragoner” mittschiffs unter dem Rumpf an der Steuerbordseite. Sie erhielt mehrere weitere Treffer, die sie schließlich zum Sinken brachten. Sieben Besatzungsmitglieder kamen bei dem Angriff ums Leben. Sieben weitere wurden verletzt. Insgesamt überlebten 18 der insgesamt 25 Besatzungsmitglieder.
Das Wrack der “Kjell” wurde erst 2006 entdeckt. Der Bug liegt in 35 m Tiefe, das Heck bis in 40 m. Man findet noch relativ intakte Rumpfteile. Besonders spektakulär ist die 7,6 cm Schnellfeuerkanone, die noch immer auf dem Hinterschiff steht und deren Lauf in den Himmel gerichtet zu sein scheint. Auch ein mächtiger Dampfkessel mit seinen Rohrleitungen, der in einem aufgebrochenen Rumpfteil mittschiffs freiliegt, ist ein beeindruckender Anblick. Aufgrund des noch relativ guten Zustands des Wracks und er historischen Bedeutung, die die “Kjell” für die norwegische Marine hatte, ist dieses Wrack ein lohnendes und spannendes Ziel.